Beiträge zur Geschichte und Ästhetik der Fotografie

hg. von Dr. Anton Holzer

BÜCHER, KURZ VORGESTELLT

  • Helmut Lethen: Der Schatten des Fotografen. Bilder und ihre Wirklichkeit, Berlin: Rowohlt, 2014, 269 S., zahlreiche Abb. in S/W, geb. mit Schutzumschlag, 19,95 Euro

Die Bilder und Themen, mit denen sich Helmut Lethen in seinem Buch beschäftigt, sind ihm durch gesellschaftliche Konjunkturen, durch Lektüren, aber wohl auch Zufälle in die Hände geraten. Daher ist seine Bilderreise durch die Kultur-, Medien- und Gesellschaftsgeschichte des 20. Jahrhunderts zutiefst subjektiv gefärbt. Sie ist geprägt von der produktiven Verbindung zwischen biografischer Annäherung und von kulturwissenschaftlicher Interpretation. Lethens Auswahl von Bildern und Theoretikern – Capa, Barthes, Kracauer, Mapplethorpe, Derrida, Dorothea Lange, Didi-Huberman und viele andere – nimmt sich viele Freiheiten. Den roten Faden der überaus lesbaren, oft nachdenklichen, gelegentlich auch witzigen Texte bildet ein aufmerksames Betrachten der Bilder und ein neugieriger theoretischer Blick. Das Ergebnis: ein spannendes Buch, das glücklicherweise viele Fragen offenlässt.

  • James Agee, Walker Evans: Preisen will ich die großen Männer. Drei Pächterfamilien, Berlin: Die andere Bibliothek, 2013. Aus dem Amerikanischen von Karin Graf, 550 S., 22 x 12,5 cm, Abb. in S/W, gebunden mit Schuber, 38 Euro.

1941 war die amerikanische Ausgabe dieses Buches erschienen. Dass erst jetzt eine deutschsprachige Version vorliegt, hat gewiss mit der Sperrigkeit des Textes zu tun, der schwer zu übertragen ist. Aber auch mit den Zeitumständen, die das Interesse an diesem Buch des Fotografen Walker Evans und des Schriftstellers James Agee erlahmen ließen. Das Buch war Mitte der 1930er Jahre in der Zeit der Wirtschaftskrise entstanden, zunächst als Auftragsarbeit für eine New Yorker Zeitschrift. Bald aber begann sich das Projekt zu verselbständigen. Der Auftraggeber verlor das Interesse, Autor und Fotograf planten ein dreibändiges Monumentalwerk über die Lebensbedingungen im amerikanischen Süden. Nur der erste Band wurde realisiert, wenige Monate bevor die USA in den Zweiten Weltkrieg eintraten. Publizistisch anfangs ein Misserfolg, wurde das Buch jedoch zum Geheimtipp und zur Chiffre für ein geheimnisumwittertes Reportageprojekt, das freilich kaum jemand zur Gänze las, da der nüchterne Bildteil und der pathetisch-ausufernde Textteil weit auseinanderdriften.

  • Steffen Siegel: Belichtungen. Zur fotografischen Gegenwart, Paderborn: Wilhelm Fink, 2014, 344 S, 23,3 x 15, 7 cm, zahlreiche Abb. in S/W, Broschur, 39,90

„Die Fahne hoch!“ ist der Titel des Umschlagmotivs. Die Arbeit stammt von Philipp Goldbach. Zu sehen ist aber keine pathetische Geste, wie wir sie aus Kundgebungen der Geschichte kennen, sondern ein geradezu abstraktes Muster. Ist es überhaupt eine Fotografie? Nicht einmal das „oben“ und das „unten“ erschließt sich in dem Bild eindeutig. Steffen Siegel, Fotografietheoretiker und -historiker in Jena durchmisst in seinem Buch die Fotografie der jüngeren Vergangenheit. Er beschäftigt sich u.a. mit Jeff Wall und Andreas Gursky, Ugo Mulas und Duane Michals, Timm Rautert und Thomas Struth, stellt aber auch jüngere Fotografen wie Philipp Goldbach, Adrian Sauer, Idris Khan, Sebastian Stumpf, Shizuka Yokomizo und Frank Höhle vor. Das Titelbild gibt die Richtung der Untersuchung an. Nicht die so oft beschworene unmittelbare dokumentarische Kraft zeichnet die vorgestellten Arbeiten (und ihre Analyse) aus, sondern die Skepis. Was bleibt, sind indirekte Blicke, Brechungen, Doppelungen.

  • Roland Jaeger: Index zum fotografischen Jahrbuch Das Deutsche Lichtbild 1927–1938. Fotografen, Autoren, Inserenten. Berlin: Eigenverlag, 2013, 56 S., 28 x 22,5 cm, Abb. in S/W, gebunden, 25 Euro zzgl. Versand. Bestellung: Roland Jaeger, Heimhuder Straße 8, 20148 Hamburg, rojaeger(at)aol.com

Das fotografische Jahrbuch Das Deutsche Lichtbild war zwischen 1927 und 1938 ein wichtiges Forum deutscher Bildproduktion. Vorgestellt wurden die fotografischen Arbeiten von Berufs-, Amateur- und Wissenschaftsfotografen. Das Spektrum der insgesamt 1.500 Aufnahmen reichte von der Avantgarde bis zur Propaganda des Dritten Reiches. Im vorliegenden Index erschließt der Hamburger Foto- und Buchhistoriker Inhalt, Fotografen (mit Lebensdaten), Autoren und Inserenten. Eine wichtige Quelle für weitere Fotoforschungen. Der Autor vertieft das Thema auch im zweiten Band der Publikation Autopsie. Deutschsprachige Fotobücher 1918 bis 1945 (Steidl Verlag), die er zusammen mit Manfred Heiting herausgegeben hat.

  • Barbara Weidle, Ursula Seeber (Hg.): Kurt Klagsbrunn. Fotograf im Land der Zukunft, Bonn: Weidle Verlag, 2013. Mit Beiträgen von Erich Hackl, Victor Klagsbrunn, Marta Klagsbrunn, Luis Krausz und Klaus Honnef, 195 S., 29 x 21 cm, zahlreiche Abb. in Duotone, gebunden, 39 Euro.

Es ist dem Schriftsteller Erich Hackl, den Verwandten Marta und Victor Klagsbrunn sowie Ursula Seeber und Barbara Weidle zu danken, dass das fotografische Archiv Kurt Klagsbrunn (das an die 150.000 Bilder umfasst) in Form eines Fotobandes vorgestellt wird. Klagsbrunn, 1918 in Wien geboren und 2005 in Rio de Janeiro gestorben, hatte in der Zwischenkriegszeit in Wien ein Medizinstudium angefangen und nebenbei zu Fotografieren begonnen. Dann kam das Jahr 1938: Nationalsozialismus, Verfolgung und Vertreibung. Der junge Mann jüdischer Herkunft floh mit seinen Eltern über Lissabon nach Rio de Janeiro. In Brasilien wurde er zum erfolgreichen Pressefotografen. Er arbeitete für zahlreiche in- und ausländische Illustrierte, etwa für die amerikanischen Magazine Time und Life. Vor allem aber fotografierte er für die brasilianische Illustrierte O Cruzeiro.

  • Erich Hartmann: Our Daily Bread, Heidelberg, Berlin: Kehrer Verlag, 2013. Mit einem Beitrag (engl.) von Ruth Bains Hartmann, 164 S., 32,5 x 22,5 cm, zahlreiche Abb. in Duotone, gebunden (Leinen), 49,90 Euro.

Erich Hartmann (1922–1999) war ein international bekannter Fotograf. Geboren in München, flüchtete er während der NS-Zeit als 16-Jähriger in die USA, wo er seine Karriere als Fotograf begann. 1952 trat er der Fotoagentur Magnum bei, arbeitete für zahlreiche Magazine und war als Werbe- und Industriefotograf tätig. 1962 zeigte er in New York erstmals seine fotografische Studie „Our daily Bread“, die zu einer Art Langzeitstudie in der Tradition der Ausstellung „Family of Man“ heranwuchs. Sie dokumentiert die täglichen Anstrengungen der Nahrungsproduktion. Nun wird diese „Reportage“, begleitet von einem Text seiner Frau Ruth Bains Hartmann, erstmals in Buchform vorgelegt. Man hätte sich eine (foto-)historische Einordnung der Arbeit und eine eingehendere Reflexion über Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte gewünscht.

  • Duncan Forbes (Hg.): Edith Tudor-Hart. Im Schatten der Diktaturen, Ostfildern: Hatje Cantz, 2013. Mit Texten (dt./engl.) von Duncan Forbes, Anton Holzer und Roberta McGrath, 151 S., 28 x 24 cm, 152 Abb. in Duotone, gebunden, 35 Euro.

Edith Tudor Hart, geb. Suschitzky (1908–1973) stammte aus einer sozialdemokratischen Wiener Familie, absolvierte eine Ausbildung als Kindergärtnerin und ging ab 1929 ans Bauhaus in Dessau. Ab Mitte der 1920er Jahre fotografierte sie in der Tradition der sozialkritischen Fotografie: Alltagsszenen, das Leben der einfachen Bevölkerung in Wiener Hinterhöfen und im Prater. Um 1930 erschienen ihre ersten Bilder in der Presse, politisch schloss sie sich in diesen Jahren den Kommunisten an. 1933 wurde sie erstmals verhaftet, im Jahr darauf zog sie zusammen mit ihrem Mann, dem britischen Arzt Alexander Tudor-Hart, nach London, wo sie ihre Sozialreportagen fortsetzte und zeitweise ein Porträtatelier führte. Diese herausragende sozialdokumentarische Fotografin der Zwischenkriegszeit wurde in nun in einer Ausstellung (National Galleries of Scotland, Edinburgh, Wien Museum, Wien) und in einem begleitenden zweisprachigen Katalog vorgestellt.

  • Krystyna Kauffmann, Mathias Marx, Manfred Friedrich: Marie Goslich – Die Grande Dame des Fotojournalismus 1859–1938, Leipzig: Seemann Verlag, 2013, 256 S., 30 x 24 cm, 200 Abb. in Duotone, gebunden, 39,95 Euro.

Die 410 erhaltenen Glasplattennegative der Journalistin, Malerin und Fotografin Marie Goslich (1859–1938) tauchten erst vor wenigen Jahren in der Öffentlichkeit auf und wurden seither in um Berlin mehrfach ausgestellt. Die Fotografin wird im Untertitel der Publikation etwas übertrieben als „Grande Dame des Fotojournalismus“ vorgestellt. Goslich war gewiss eine ausgezeichnete Fotografin, aber Fotojournalistin war sie keine, sie sah sich vielmehr als „Schriftstellerin“ (u.a. für christliche und landwirtschaftliche Blätter) und Pädagogin, die immer wieder illustrierende Aufnahmen in der Presse veröffentlichte. Über ihr Leben ist wenig bekannt. Obwohl sie aus begütertem Haus stammte, interessierte sie sich – auch in ihren Bildern –für den Alltag der einfachen Bevölkerung: Bauern und Bäuerinnen, Bettler, Straßenverkäufer, Wanderarbeiter, die sie oft der „eleganten Welt“ entgegensetzte. Ihre Landschafts- und Architekturaufnahmen stehen im Kontext antiurbaner Kritik und der Heimatschutzbewegung.

  • Wolfgang Maderthaner, Michael Hochedlinger (Hg.): Untergang einer Welt. Der Große Krieg 1914–1918 in Photographien und Texten, Wien: Brandstätter Verlag, 2013, 320 S., zahlreiche Abb. in S/W, gebunden, 39,90 Euro.

„Mit seinen etwa 180.000 Aktenkartons und 60.000 Geschäftsbüchern auf circa 50 Regalfachkilometern darf das Wiener Kriegsarchiv den Anspruch erheben, das mit Abstand bedeutendste Militärarchiv Mitteleuropas zu sein“, heißt es auf der Website des Österreichischen Staatsarchivs, zu dem das Kriegsarchiv gehört. Allein mehrere hundertausend Fotos aus dem Ersten Weltkrieg werden hier aufbewahrt, Einzelfotos, Alben, Porträts etc.. Eine Auswahl aus diesen Beständen, aber auch aus zeitgenössischen Bildbänden wurde nun zu einem dramaturgisch geschickt inszenierten Bildband zusammengestellt. Leider sind die Quellenangaben zu den Bildern eher dürftig ausgefallen. Im Schlussteil informiert der Archivar Michal Hochedlinger über die Herkunft und die komplexe Überlieferungsgeschichte der Kriegsbildersammlung im Kriegsarchiv.

  • Berthold Ecker, Johannes Karel (Hg.): die siebziger jahre. Expansion der Wiener Kunst, Wien: Kulturabteilung der Stadt Wien/Ambra Verlag, 2013, 560 S., zahlreiche Abb. in S/W und Farbe, gebunden, 38,86 Euro.

Die 1951 von der Stadt Wien gegründete Sammlung für zeitgenössische österreichische Kunst ist seit einigen Jahren in einem neuen Museum namens MUSA in Rathausnähe untergebracht. Seither wird die Kunstsammlung Jahr für Jahr in Form von Ausstellungen und begleitender Sammlungskataloge vermessen und öffentlich vorgestellt. Nach den 1950er und 60er Jahren wird nun die österreichische Kunst der 1970er Jahre präsentiert. Diese hat es, etwa in Form des Aktionismus, zu internationaler Bekanntheit geschafft. Dass aber auch jenseits dieses Begriffs interessante Entdeckungen zu machen sind, stellt der Katalog unter Beweis. Im Beitrag von Timm Starl werden werden fotokünstlerische Arbeiten unter anderem von Arnulf Rainer, Valie Export, Karin Mack, Birgit Jürgensen, Renate Bartlmann, Leo Kandl, Heinz Cibulka, Branko Lenhart, Cora Pongracz, Margot Pilz Friedl Kubelka und Peter Dressler vorgestellt.

  • Christopher Webster van Tonder: Erich Retzlaff – Volksfotograf, Aberystwyth: School of Art Press, 2013. Mit Beiträgen von Rolf Sachsse und Wolfgang Brückle, 110 S., zahlreiche Abb. in Farbe und S/W, kartoniert. Bestellbar über http://www.blurb.de (Softcover: 41,39 Euro, Hardcover: 53,31 Euro).

Erich Retzlaff (1899–1993) gehörte, v.a. dank seiner auflagenstarken Bildbände, die seit 1930 erschienen, zu den bekanntesten Fotografen der deutschen Zwischenkriegszeit. Er war ein Propagandist der NS-Zeit und schaffte es nach 1945 bruchlos, seine Fotokarriere in Bayern fortzusetzen. Lange Zeit machte die deutschsprachige Fotogeschichte einen Bogen um die politisch diskreditierten Fotografen (ebenso wie bis vor kurzem auch um Erna Lendvai-Dircksen), was zur Folge hatte, dass sein Werk kaum erforscht wurde. Einen ersten Überblick über Retzlaffs langjähriges Porträtwerk vor 1945 und seine politischen Implikationen gibt nun der an der englischen Aberystwyth University’s School of Art lehrende Fotohistoriker Christopher Webster in einem Katalog, der zur gleichnamigen Ausstellung erschienen ist.

  • Stephanie Baumann: Im Vorraum der Geschichte. Siegfried Kracauers „History – The last Things before the last“, Konstanz: Konstanz University Press, 2014, 400 S., 23 x 15,5 cm, kartoniert, 39,90.

„Mein Geschichtsbuch“, schrieb Siegfried Kracauer 1966 in einem Brief an seinen deutschen Verleger, „schreitet im Schneckentempo voran, aber es wird mein wichtigstes Buch werden.“ Gemeint ist die Publikation History. The Last Things before the Last, das 1969 (als Fragment) posthum veröffentlicht wurde. Zwei Jahre später erschien eine deutsche Fassung bei Suhrkamp. Während aber Kracauers Film- und Fototheorie, aber auch seine soziologischen und journalistischen Arbeiten weithin rezipiert wurden, wurde dieses letzte große Werk lange Zeit „übersehen“. Die Autorin rekonstruiert detail- und kenntnisreich die Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte des Buches und stellt das Geschichtswerk Kracauers mit seinen anderen Schriften in Beziehung. Unweigerlich befasst sich dieser wichtige Beitrag zur Kracauerforschung auch mit der Rolle der Bilder und der Fotografie, die auch in Kracauers letztem Buch thematisiert werden.

  • Ed Ruscha: Los Angeles Apartments, hg. von Christian Müller, Göttingen: Steidl, 2013, 160 S., 26 x 20 cm, Abb. in S/W, gebunden, Leinen, 38 Euro.

Das Buch, ein Ausstellungskatalog des Kunstmusems Basel, ist edel aufgemacht, grüner Leinenumschlag, sorgfältiges Layout, guter Druck. Das 1965, also fast genau 50 Jahre zuvor erschienene Fotobuch von Ed Ruscha, das der vorliegenden Publikation zugrunde liegt, war in gestalterischer Hinsicht geradezu das Gegenteil: kleines Format, billig hergestellt, schlechter Druck, einfache Bindung, mehr Broschüre als Buch. Drei Jahre zuvor hatte Ed Ruscha, geb. 1937, begonnen, Alltagsarchitektur Kaliforniens in Form von einfach gestalteten Künstlerbüchern festzuhalten. Some Los Angeles Apartments war die dritte dieser Broschüren. Fotografie war für Ed Ruscha zunächst nur ein Mittel der Sichtung und Materialsammlung, kein künstlerisches Medium. „Ich bin kein Fotograf“, erklärte er 1972. Inzwischen ist Ruscha aber in der Kunstrezeption sehr wohl zum hochdekorierten Fotografen und Künstler aufgestiegen. Nun werden auch seine kleinformatigen, bewusst billig aufgemachten „small books“ einer neuen Sichtung unterzogen.

  • Sylvie Aubenas, Quentin Bajac: Brassaï. Flaneur durch das nächtliche Paris, München: Schirmer/Mosel, 2013. Aus dem Französischen von Matthias Wolf, 312 S., 29, 5 x 24 cm,  300 Abb. in Duotone, gebunden, 68 Euro.

Der 1899 in Kronstadt am südöstlichen Rand der österreichisch-ungarischen Monarchie geborene Gyula Halász kam 1924 nach Paris wo er unter dem Namen Brassaï Karriere machte. In den letzten Jahren fanden immer wieder Brassaï-Ausstellungen mit begleitenden Katalogen statt. Was gibt es also Neues zu zeigen? Als 2002 Brassaïs Witwe den Nachlass des Fotografen dem französischen Staat schenkte und 2006 im Zuge der Versteigerung von Brassaïs Werkstatt viel neues Material zu Tage trat, entschlossen sich die beiden renommierten Fotohistoriker Sylvie Aubenas und Quentin Bajac im Auftrag des französischen Gallimard-Verlags ein neues Buch zu verfassen, in dem der neueste Stand der Forschung festgehalten ist. Sie konzentrieren sich auf jenes Bildmaterial, das den Fotografen seinerzeit berühmt gemacht hatte: die Nachtaufnahmen von Paris, die er 1932 im legendären Fotobuch Paris de Nuit erstmals vorgestellt hat. Wunderbar gestaltet und gedruckt.

  • Theodor Scheerer: Jahre des Aufbruchs. Fotografien 1949–1961, hg. von Janos Frecot, Berlin: Nicolai Verlag, 2014. Mit einem Beitrag von Bernd Weise, 136 S., 24, 5 x 21,5 cm, 110 Abb. in Duotone, kartoniert, 39,95 Euro.

Theodor Scheerer (1911–1961) gehörte nicht zu den großen Pressefotografen der deutschen Nachkriegszeit. Er arbeitete seit 1947 vor allem für die Lübecker Nachrichten. In der Nachkriegsgeschichte der deutschen Fotografie fehlt sein Name. Nun wird seine Fotoarbeit, die sich vollständig in Familienbesitz erhalten hat, erstmals einem breiteren Publikum vorgestellt. Scheerer erscheint in diesem Bildband als „Flaneur“ und „Sammler von Eindrücken“ (Frecot), nicht als Reportagefotograf, der in Bilderzählungen gedacht hat. Er hält in seinem Werk die „Jahre des Aufbruchs“ nach 1945, die Banalität des Alltags, den beginnenden Konsum und immer wieder  Menschen fest, die er bei der Arbeit oder in der Freizeit beobachtet. Dass Scheerer in der Kriegszeit als Fotograf in einer deutschen Propagandakompanie (PK) tätig gewesen war, wird nicht ausgeblendet. Ein gut recherchierter Beitrag von Bernd Weise dokumentiert diese Zeit.

  • Tobias G. Natter, Franz Smola (Hg.): Kokoschka. Das ich im Brennpunkt, Wien: Brandstätter Verlag, 2013. Mit Beiträgen von Bernadette Reinhold, Patrick Werner, Régine Bonnefoit und David Little, 364 S., 28 x 23,5 cm, zahlreiche Abb. in S/W und Farbe, kartoniert, 29,90 Euro.

„Ein großes Ego, das von Anbeginn seiner Künstlerkarriere an nie an seinen Fähigkeiten, an seiner Sendung zweifelte“, so beschreibt Bernadette Reinhold in ihrem Beitrag Oskar Kokoschka. Der Künstler inszenierte  sich gerne und oft, viele Fotografen hielten ihn im Laufe seines Lebens fest, Hugo Erfurth, Madame d’Ora, Trude Fleischmann, Brassaï, Herbert List, Franz Hubmann, René Burri und viele andere, oft auch anonyme Lichtbildner. Der Katalog, der eine Ausstellung im Wiener Leopold Museum begleitete, stellt an die 200 Fotografien aus dem umfangreichen Fotobestand des Wiener Oskar Kokoschka-Zentrums vor. In gut recherchierten, kenntnisreichen Aufsätzen wird die fotografische Selbst-)Inszenierung des Künstlers rekonstruiert. Überaus brauchbar ist auch der Anhang mit den Fotografenbiografien.

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Fotografische Handbücher 1939 bis 1918

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