Beiträge zur Geschichte und Ästhetik der Fotografie

hg. von Dr. Anton Holzer

Science and the antique in the work of William Henry Fox Talbot

Mirjam Brusius (ausführende Stipendiatin); Simon Schaffer, Katrina Dean (Projektleitung); John Falconer, Eleanor Robson, Larry Schaaf (wiss. Beratung) – Veröffentlichungsform: Onlinekatalog, Dissertation – Institution: University of Cambridge/ Department of History and Philosophy of Science, The British Library (beide UK) – Einreichung/Abschluss: Januar 2010 – Art der Finanzierung: Arts and Humanities Research Council, Cambridge Trust, Rausing Fund, The British Library, Gerda Henkel Stiftung, Kurt Hahn Trust – Kontaktadresse: msb49@cam.ac.uk

Zum Projekt:

Erschienen in: Fotogeschichte 110, 2008

William Henry Fox Talbot (1800–1877) ist vor allem als einer der Erfinder der Fotografie bekannt, doch Talbots Interessen reichten von der Mathematik, über Optik, Chemie, Botanik, bis zur Philologie, Archäologie, der Antike und Assyriologie. Seine Rolle als bedeutender europäischer Universalgelehrter des 19. Jahrhunderts wurde bisher von seinen bahnbrechenden Errungenschaften auf dem Feld der Fotografie in den Schatten gestellt.

Die jüngst von der British Library erworbenen und noch nicht erforschten ca. 330 Notizbücher Talbots stellen einen Höhepunkt der neuen, auf archivarisches Material gestützten Forschungsmöglichkeiten über Talbot dar. Ziel des Forschungsprojekts ist es, Talbots Forschungsfelder außerhalb der Fotografie auf der Basis der Notizbücher sowie der jüngst veröffentlichten Korrespondenz (http://foxtalbot.dmu.ac.uk/index.html) eingehend zu untersuchen. Durch diese Kontextualisierung werden die Erfindung und die weitere Entwicklung der Fotografie in ein neues Licht gerückt.

Die Erfassung des regen Briefwechsels zwischen Talbot und zahlreichen bedeutenden Wissenschaftlern innerhalb Englands und über die Landesgrenzen hinweg öffnete bereits neue Wege, um Talbot als vielseitigen, auf mehreren Gebieten bedeutenden und international vernetzten Universalwissenschaftler zu verstehen. Der Nachlass zeugt von seinen breit gefächerten Interessen und wissenschaftlichen Aktivitäten: Aus der frühen Zeitperiode 1830 bis 1845, als sich Talbots fotografische Forschungsaktivitäten in einer Hochphase befanden, widmen sich etwa zahlreiche Notizbücher der Etymologie und Philologie. Während seiner Studienzeit in Cambridge erwies sich Talbot auch als außergewöhnlich begabt auf dem Feld der Mathematik, wie mehrere seiner bisher ebenfalls unerforschten Publikationen beweisen. In den insgesamt ca. 35 Notizbüchern über Mathematik zeugen Exkurse über Optik von einem Austausch zwischen Talbot und dem Astronom Sir John Herschel sowie dem Physiker Sir David Brewster. Talbots Forschungen auf diesem Gebiet finden 1836 ihren Höhepunkt in seiner Vorlesung über Kristallographie in der Royal Society. Seine frühe Tätigkeit auf dem Gebiet der Spektroskopie findet sich in seinem späteren Interesse auf dem Gebiet der Chemie wieder. Talbot war außerdem ein aktives Mitglied während der Umbruchphase der Royal Society und ein reformorientiertes "Member of Parliament". Nach 1840 wandte sich Talbot bis an den Rest seines Lebens intensiv und erfolgreich der Archäologie, der Assyriologie und der Entzifferung von Keilschriften zu und förderte als erster den Einsatz der Fotografie für wissenschaftliche Zwecke auf dem Gebiet der Archäologie und der Sprachwissenschaft. Ca. 100 Notizbücher hinterließ Talbot aus der Zeit 1850-70 auf dem Gebiet der Assyriologie.

Im Rahmen des Projekts werden die Notizbücher in der British Library systematisch katalogisiert, um Wissenschaftlern in Zukunft den thematischen Zugang zu den Quellen zu erleichtern. Mehrere externe Wissenschaftler haben sich im vergangenen Jahr bereits spezifischen Aspekten der Notizbuchsammlung gewidmet; sie sollen in Form eines Sammelbandes publiziert werden. Zugleich wird eine Dissertation über Talbot vorbereitet, welche vor dem Hintergrund seiner Rolle als Universalgelehrter den Versuch unternimmt, ein umfassenderes Bild von Talbot und seinen fotografischen Erfindung zu vermitteln. Ziel des Dissertationsvorhabens ist es, auf der Basis des nunmehr zugänglichen archivarischen Materials gegenseitige Einflüsse von Talbots Interessen ausfindig zu machen und Talbots Bedeutung als "polymath" im Viktorianismus herauszustellen. Der Schwerpunkt der Arbeit soll auf Talbots lebenslangem Interesse an der Antike, der Archäologie und der Assyriologie liegen. Die über Jahre bestehenden praktischen und epistemologischen Verschränkungen zwischen diesen Disziplinen und der Fotografie sollen einen elementaren Aspekt der methodisch kunst- und wissenschaftsgeschichtlichen Dissertation bilden.

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