Beiträge zur Geschichte und Ästhetik der Fotografie

hg. von Dr. Anton Holzer

Rolf H. Krauss

Das Fotobuch im neunzehnten Jahrhundert

Eine annotierte Bibliografie ausgewählter Bibliografien

Erschienen in: Fotogeschichte, 135, 2015

Das Werk Autopsie, deutschsprachige Fotobücher1918 bis 1945 von Manfred Heiting und Roland Jäger[1], dessen zweiter Band in diesen Tagen erscheint[2], stellt den vorläufigen Höhepunkt in einer Serie von Bibliografien dar, die die Geschichte des Fotobuchs zu ihrem Gegenstand haben. Die Serie beginnt 1989 mit Foto in omslag, hetNederlandse documentaire fotoboek na 1945 von Mattie Boom[3] und umfasst bis dato mindestens 28 Publikationen, die sich diesem Thema widmen[4]. Dieses geballte Auftreten von Fachpublikationen zu einem Thema in relativ kurzer Zeit verleitet leicht zu der Annahme, es gehe hier um die Entdeckung eines völlig neuen Gegenstandes in der Geschichte der Fotografie und des Buchwesens. Dem ist aber nicht so.

Die Geschichte des Fotobuchs beginnt vielmehr in unmittelbarem Zusammenhang mit der Bekanntgabe der Fotografie im Jahr 1839. Sie stellt sich in zwei Strängen dar: Einmal als eine Geschichte der technischen Lehr- und Handbücher und zum anderen als eine Geschichte des mit Fotografien illustrierten Buches. Der erste Strang nimmt seinen Anfang mit Daguerre´s  Historique et Description des Procédésdu Daguerreotype et du Diorama aus dem Jahr 1839, der zweite mit Talbots Pencil of Nature aus 1844. Haben beide Stränge so einen gemeinsamen Beginn, so endet auch deren Frühgeschichte zu einem ähnlichen Zeitpunkt. Die der Lehr- und Handbücher um 1870, „denn um diese Zeit beginnt bereits die photographische Literatur in die Breite zu gehen und sich in Sondergebiete aufzuteilen“[5] und die der fotografisch Illustrierten Bücher ebenfalls um 1875/80, bzw. 1914, je nachdem ob, man die Produktion von Büchern, die mit originalen eingeklebten Fotografien illustriert sind, ins Auge nimmt oder die Illustrationen mit frühen fotomechanischen Druckverfahren mit einbezieht. In beiden Fällen mussten Text und Fotografie noch getrennt im Buch erscheinen. Erst mit der Erfindung der Autotypie in den achtziger Jahren des neunzehnten Jahrhundert wurde ein gleichzeitiger Druck von Text und fotografischen Vorlagen möglich.

Beide Stränge werden von Bibliografien begleitet. Dabei ist, was den Zeitpunkt von deren Erscheinen anbetrifft, ein bemerkenswerter Unterschied festzustellen. Die Bibliografien der technischen Literatur setzen früh ein. In ihnen geht es in erster Linie darum, den Fotografen, die sich Tag für Tag mit der eben neu erfundenen Kunst praktisch auseinander setzen mussten, Überblicke über die bis dato erschienenen Ratgeber und praktischen Anleitungen zu bieten. Die erste Bibliografie dieser Art ist Anton Martins Repertorium (siehe unten)[6] aus dem Jahr 1846.

Die Reihe der Bibliografien zur Frühgeschichte des mit Fotografien illustrierten Buches beginnt recht eigentlich erst in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts, nämlich mit Rolf S. Schultzes Beschäftigung mit dem Thema aus dem Jahr 1961/63. Waren die Verfasser der Bibliografien der technischen Literatur Fotografen (Martin) oder Bibliothekare (Zuchold), sind es jetzt in erster Linie die Sammler, die so die Ergebnisse ihrer Sammeltätigkeit publizieren. Ihre Veröffentlichungen sind die unmittelbaren Vorläufer der oben erwähnten „modernen“ Bücherserie zum Fotobuch. Diese ist also nichts weiter als die logische Fortsetzung einer bereits früher einsetzenden Reihe von Bibliografien.

Die folgende Bibliografie der Bibliografien der beiden Stränge ist nicht vollständig. Sie erhebt aber den Anspruch, die wichtigsten Titel, die meisten nach Autopsie annotiert, aufzuführen. Die in Klammern gesetzten Zahlen beziehen sich auf die Seitenzahlen in den jeweiligen Publikationen

I. Technische Lehr- und Handbücher, 1565–1870

Die Anzahl der infrage kommenden Titel variiert je nachdem, welchen Zeitraum die einzelnen Autoren  zugrunde legen und über welche Möglichkeiten der Recherche sie verfügen. Zuchold, dessen Aufstellung von 1839 bis 1860 reicht, kommt auf 290 Titel (und auf 14 Zeitschriften). Stenger, der sich gut 70 Jahre später mit der Materie mit einem erweiterten Blick beschäftigt und den Untersuchungszeitraum bis 1870 ausdehnt, zählt 900 Titel auf. Die Gesamtzahl der zu überblickenden frühen technischen Lehr- und Handbücher wird wohl bei etwa 1000 Titeln liegen.

Josef Maria Eder: Quellenschriften zu den frühesten Anfängen der Photographie bis zum XVIII. Jahrhundert, mit fünf heliographischen Porträten, zwei Lichtdruck-Titelblättern und diversem Buchschmuck, Halle a.d. Saale, Wilhelm Knapp 1913, 187 S. (Abb. 1).[7]

Eders „merkwürdige Erfindungsgeschichte“ (1) der Fotografie beginnt lange vor den Erkenntnissen Daguerres und Talbots. Die Entdeckung der Silbersalze und deren Lichtempfindlichkeit z.B. bildete eine wichtige Vorstufe. „Die Originaltexte der von mir benutzten ältesten Quellen“, schreibt er, „sind aber wegen ihrer großen Seltenheit äußerst schwer zugänglich [...], weshalb ich die auf Grund meiner Forschungen als besonders wichtig erkannten Quellenschriften zum Gegenstand der vorliegenden Publikation machte“ (1).

Es handelt sich um acht Texte, deren erster von Georg Fabricius stammt, aus dem Jahr 1565 ist und sich mit dem Metall Silber beschäftigt. Der letzte Titel „Chemische Abhandlung von der Luft und dem Feuer“ ist 1777 erschienen und ist von Carl Wilhelm von Scheele verfasst. Die jeweiligen Titelblätter sind reproduziert. Lateinische Texte wurden von Ferdinand Ritter von Schrott ins Deutsche übersetzt. Eder hat zu allen Texten ausführliche Anmerkungen beigesteuert. Am Schluss des Buches finden sich ein Autoren- und ein Sachregister.

Erich Stenger: Daguerre-Schriften, mit 30 Abb., Berlin, im Selbstverlag des Verfassers 1936, 18 S. (Abb. 2).

Am 19. August 1839 wurde von Arago die genaue Beschreibung des von Daguerre erfundenen fotografischen Verfahrens bekanntgegeben. Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht wurde die neue Erfindung noch im gleichen Jahr durch eine von Daguerre verfasste Schrift mit dem Titel Historique et Description des Procédés du Daguerreotype et du Diorama. Sie bildete die Grundlage für eine große Zahl weiterer Veröffentlichungen mit gleichem oder ähnlichem Inhalt, die in den Jahren 1839 und 1840 erschienen sind und die Stenger unter dem Begriff Daguerre-Schriften zusammenfasst.

Stenger bezeichnet sie nach Potonniée als „das Evangelium der Photographen“ (17). Er führt 22 Ausgaben auf, darunter einige in mehreren Auflagen und in insgesamt 8 Sprachen. Geordnet sind sie nach den Ländern, in denen sie erschienen sind: Frankreich, Deutschland, Großbritannien und die Vereinigte Staaten von Nordamerika, Italien, Nordische Staaten, Polen, Spanien und Ungarn. In teils ausführlichen Einleitungen zu den einzelnen Ländern vermittelt Stenger Einzelheiten zur Erscheinungsweise, zu den einzelnen Verlagen, Verfassern usw. Die meisten Titel lagen ihm in Autopsie vor. Sie stammen entweder aus der Bibliothek Stengers oder wurden aus europäischen Bibliotheken entliehen. Fast alle Titelblätter sind reproduziert. Stengers Schrift „entstand als erweiterte und ergänzte Bearbeitung eines Vortrages, den der Verfasser auf dem internationalen Kongress für wissenschaftliche und angewandte Photographie in Paris im Juli 1935 gehalten hat“ (17).   

Anton Martin: Repertorium der Photographie, I. Vollständige Anleitung zur Photographie auf Papier, II. Literatur der Photographie auf Metall, Wien, Carl Georg 1846, S. 109 – 125 (Abb. 3).

Sieben Jahre nach Bekanntgabe der Photographie stellt der Wiener Anton Martin im zweiten Teil seines Repertoriums eine Liste von Titeln zu der neuen Erfindung zusammen. Allerdings handelt es sich ausschließlich um solche zur Photographie auf Metall. Sie treten an die Stelle einer eigenen Anleitung, weil, so Martin „ohnedieß so viele Bücher über diesen Gegenstand bestehen“ (6). Die 138 Titel wenden sich sowohl an den „Dilettanten“, als auch an den „gewandte[n] Experimentator“ (IV) und beziehen sich fast ausschließlich auf Aufsätze. „Die systematisch nach dem Daguerreschen Prozesse zusammengestellte Literatur der Photographie auf Metall“, schreibt Martin dazu, „[wird] jedem Freunde dieser Kunst umso mehr das Nachlesen der Originalaufsätze über einzelne Gegenstände erleichtern, als alles Wichtige und Interessante in diesem Fache im Dingler´s Journal aufgenommen ist; welche Zeitschrift in den meisten Bibliotheken und bei allen Vereinen zu finden sein dürfte.“(6) In der Tat stammt die überwiegende Anzahl der Aufsätze aus dem von Johann Gottfried Dingler 1820 begründeten Polytechnischen Journal[8], andere auch aus den 1835 von Arago ins Leben gerufenen Comptes Rendus de l´Académie des sciences.

Die Literatur ist „nach den einzelnen Operationen“ (111) geordnet. Nach „Geschichtliches“ folgt „Ueber die chemische Wirkung des Lichtes im Allgemeinen“, „Besprechungen von Apparaten“, „Allgemeine Anleitungen und Collectaneen zur Daguerreotypie“, „Ueber das Präpariren der Platten“, „Ueber das Jodiren“, „Ueber das Belichten“, „Ueber das Quecksilbern“, „Ueber das Waschen“, „Ueber das Fixiren“, „Ueber das Coloriren“, „Aetzen und Vervielfältigung“, „Theorie“, „Anwendung der Daguerreotypie“, „Bilder auf anderen Materialien als Plaque“ und „Verschiedenes“. Martin schließt: „Die vorstehende Literatur dürfte wohl alles enthalten, was in Bezug auf Daguerreotypie Wichtiges bekannt gegeben wurde“ (124).

Ernst Amandus Zuchold: Bibliotheca Photographica, Verzeichnis der auf dem Gebiete der Photographie, sowie der damit verwandten Künste und Wissenschaften seit Erfindung der Daguerreotypie bis zu Anfang des Jahres 1860 erschienenenSchriften, Leipzig, Selbstverlag des Verfassers 1860, 28 S. (Abb. 4).[9]

Zuchold hat auch Bibliografien zu anderen Sachgebieten verfasst, so z.B. eine - Bibliotheca historicogeographica oder eine Bibliotheca chemica. Daraus lässt sich schließen, dass er seine Zusammenstellung nicht nach Autopsie vornahm. Hoerner weist darauf hin, dass etwaige Unzuverlässigkeiten daher rühren, „daß Zuchold bei seinen Recherchen auf einschlägige Literatur und Verlagslisten angewiesen war und ihm kaum 10 Prozent der Titel zur Autopsie vorgelegen haben.“[10] Dennoch, so meint er, „ist das Werk für Historiker von großer Bedeutung, verzeichnet es doch nicht allein die deutschsprachigen Titel, sondern alle fotografischen Publikationen, die bis 1860 erschienen waren.“[11]

Die Titel sind alphabetisch geordnet. Anders als bei Martin handelt es sich ausschließlich um selbständige Literatur. Nach Zucholds Angaben entfallen 80 Schriften und 4 Journale auf Titel in französischer Sprache, 61 Schriften und 3 Journale auf Titel in deutscher und 54 Schriften und 7 Journale auf Titel in englischer Sprache. Davon kommen 11 Schriften und 3 Journale auf Nordamerika. 5 Schriften entfallen auf Titel in russischer, 3 auf Titel in holländischer und je 2 auf solche in italienischer, polnischer und spanischer Sprache (VII f.). Das bedeutet, dass insgesamt 209 Titel und 14 Zeitschriften erfasst sind.

Erich Stenger: Aus der Frühgeschichte der Photographie, die deutsche photographische Literatur von 1839 bis 1870, in: Die photographische Industrie, 1927, SS. 1047 ff., 1077 ff., 1151 ff., 1179 ff.; die französische Literatur von 1839 bis 1870, in: Die photographische Industrie, 1929, SS. 533 ff., 588 ff., 611 ff., 642 ff.; die englische photographische Literatur von 1839 bis 1870, in: Diephotographische Industrie, 1931, SS. 32 ff., 56 ff., 252 ff.; die ausländische photographische Literatur 1839 – 1870 (mit Ausnahme der französischen und englischen Literatur), in: Die photographischeIndustrie, 1932, S. 1234 ff. und S. 1262 ff.

In seiner Einleitung gibt sich Stenger Richtlinien und Einschränkungen, nach denen er sein Material zusammengestellt hat. „Am wichtigsten“, schreibt er, „erschienen mir die allgemeinen Arbeitsanweisungen, die `Lehrbücher´“. Und weiter: „Ratsam erschien es mir, nur selbständige photographische Literatur, d.h. solche, die in Broschüren- oder Buchform erschienen ist, zu nennen, jedoch nicht die zahllosen, in der gesamten technischen Literatur jener Zeit verstreuten Aufsätze, es sei denn, daß sie mir als Sonderdrucke entsprechender Aufmachung begegnet sind“ (1927, 1047). Zeitschriften wurden ebenfalls nicht aufgenommen. Stenger arbeitete nur in seltenen Fällen nach Autopsie. Grundlage seiner Aufzählung ist „die bis zum Jahr 1860 reichende Aufstellung Zuchold´s, die ich ergänzte und fortführte“ (1927, 1048). Das Material ist zunächst nach Ländern und dann innerhalb des Erscheinungsjahres nach dem Verfassernamen geordnet.

Auf diese Weise finden sich über 190 deutsche, etwa 300 französische, etwa 300 englische, etwa 50 italienische, etwa 20 holländische, etwa 10 schwedische, etwa 10 polnische, 5 russische, 10 spanische, 3 tschechoslowakische und 4 ungarische, insgesamt also etwa 900 Titel. Das Anwachsen der Titel von 209 bei Zuchold auf 900 Titeln bei Stenger ist nicht nur darauf zurückzuführen, dass bei Stenger auch das Jahrzehnt zwischen 1860 und 1870 abgedeckt wird. Stenger ist wohl auch gründlicher vorgegangen.

Helmut Gernsheim: Incunabula of British Photographic Literature, a Bibliography of British photographic literature 1839 – 75 and Britishbooks with original photographs, London and Berkeley, Scolar Press 1984, Part II, Bibliography of early British photographic literature 1839–1875, S. 85 – 148 (Abb. 5).

Im zweiten Teil seines Buches versammelt Gernsheim 344 englische Titel zwischen 1839 und 1875. Sie sind innerhalb der Erscheinungsjahre alphabetisch geordnet und ausführlich beschrieben und annotiert. Weitere Auflagen werden angegeben. Die Aufnahmen werden begleitet von Reproduktionen ausgewählter Titelseiten. „Diese Liste von Textbüchern, Broschüren und Händlerkatalogen basiert auf den Karteikarten der Gernsheim Collection“ (85), vermerkt der Autor. Sie wurde mit den bis dato verfügbaren Quellen abgeglichen.

II. Fotografisch illustrierte Bücher, 1844–1914

Wie bei den Lehr- und Handbüchern kommt es auch bei der möglichen Anzahl der fotografisch illustrierten Bücher auf den Erhebungszeitraum an. Darüber hinaus gilt es aber, die gewählte Technik der fotografischen Illustrationen mit einzubeziehen und auch hier den Zeitpunkt der jeweiligen Einschätzung zu berücksichtigen. Schultze gelang es, für den Zeitraum 1842 bis 1880 400 Bücher mit originalen Fotografien zusammenzutragen. „Ich nehme an“, schreibt er, „dass 1000 Titel eine konservative Schätzung darstellen für Bücher, die mit den verschiedensten fotografischen Verfahren illustriert sind, nachdem ich selbst in 20 Jahren fast 400 solcher Bücher gesammelt habe und mir etwa 300 weitere bekannt sind“.[12] Das war 1961. 19 Jahre später sprechen die Autoren von The Truthful Lens, Lucien Goldschmidt und Weston J. Naef, bereits von 2000 Büchern, allerdings für den Zeitraum von 1842 bis 1914 und sie schließen fotomechanische Druckverfahren mit ein. Heidtmann führt für den gleichen Zeitraum rund 2300 Titel an, aber nur für deutsche Bücher und nur für solche mit originalen Fotografien. Nimmt man seine Titel mit fotomechanisch illustrierten Büchern noch hinzu, so kommt man auf knapp 4000 deutsche Titel. International muss man dann wohl mit rund 10000 Titeln rechnen.

Charles Guillemain: Une curieuse et éphémère étape de l´illustration du livre par la photographiecollée dans le texte, Extrait du Bulletin de la Société Archéologique, Historique et Artistique „Vieux Papier“, Auxerre, Imprimerie Moderne 1952, 16 S.                                                 

Die Bibliografie listet 61 französische Bücher mit eingeklebten Fotografien auf, die zwischen 1850 und 1871 erschienen sind.

Rolf S. Schultze: Katalog einer Ausstellung in den Räumen der Deutschen Gesellschaft für Photographie, Köln, aus Anlass des 1. Internationalen Kongresses für Reprographie, 14. bis 20. Oktober 1963, Verzeichnis der ausgestellten Bücher (ausgewählt aus der Sammlung R.S. Schultze), 14 S.

Rolf S. Schultze war ehrenamtlicher Bibliothekar bei der Royal Photographic Society in London und Bibliothekar und Kurator des Kodak Museums in Harrow. Seine Sammlung von fotografisch illustrierten Büchern umfasst nach eigenen Angaben etwa 400 Titel.[13] „Meine Sammlung von Büchern und bibliografischen Angaben“, schreibt Schultze dazu, „beschäftigt sich ausschließlich mit veröffentlichten (und einigen privat gedruckten) Büchern, die durch das Einbringen von Original Photographien illustriert sind. Dazu gehören Kalotypien, Albumin-, Kollodium- und Silber-Gelatine-Abzüge, Karbon-Prints, Nicht-Silber-Abzüge, wie Blue-Print und Platinotypie und [...] Woodburytypien.“[14] Das hier vorliegende maschinengeschriebene Verzeichnis führt eine Auswahl von 127 Titeln, erschienen zwischen 1842 und 1880, in verschiedenen Sprachen auf, alphabetisch geordnet. Es ist wahrscheinlich die einzige der Öffentlichkeit zugängliche Aufstellung. Schultze hatte zwar die Absicht, eine Gesamtbibliografie seiner Sammlung zu veröffentlichen[15], dazu ist es aber wohl nicht gekommen.

Die Ausstellung war gegliedert in folgende Abteilungen: I. „The Pencil of Nature“ – Arten der photographischen Buchillustration, II. Frühe Bücher aus vielen Ländern, III. Varianten – Einbände mit Photographien, IV. Dokumentarischer Wert der photographisch illustrierten Bücher, V. Frühe „Reprographie“, VI. Erstlinge und andere bemerkenswerte Bücher, VII. Frühe deutsche Bücher mit Originalphotos, VIII. – X. Bücher mit Photographien aus vielen Sachgebieten.

Julia van Haaften: Original Sun Pictures, A Check List of the New York Public Library´s Holding of Early Works Illustrated with Photographs, 1844 – 1900, in: Bulletin of the New York Public Library, Vol. 80, No. 3, Spring 1977, S. 355–402.

Die Zusammenstellung listet 465 amerikanische, britische, französische und deutsche Titel zwischen 1844 und 1900 auf. Berücksichtigt werden alle Verfahren.

Rolf H. Krauss: Photographs as Early Scientific Book Illustrations, in: History of Photography, Vol. 2, No. 4, October 1978, S. 291–314.

Nach einer breiten Einführung in das Gebiet der frühen Buchillustration mit Fotografien werden ausführlich 8 Bücher mit eingeklebten originalen Fotografien aus der Sammlung des Autors  aus den Bereichen Medizin und Astronomie vorgestellt. „Die Zusammenstellung folgte keinem bestimmten Trend“, schreibt der Autor, „ihr Zweck ist lediglich, einen vorbreitenden Einblick in das Gebiet zu geben“ (298). Mit 26 Abbildungen nach Reproduktionen von den Titelblättern und fotografischen Beispielen in den angeführten Büchern.

Rolf H. Krauss: Travel Reports and Photography in Early Photographically Illustrated Books, in: History of Photography, Vol. 3, No. 1, January 1979, S. 15 – 30.

Hier werden 9 Reiseberichte und sonstige Bücher mit frühen fotografischen Illustrationen aus der Sammlung des Autors vorgestellt und ausführlich annotiert. Mit 26 Abbildungen nach Reproduktionen von den Titelblätternund fotografischen Beispielen in den angeführten Werken

Lucien Goldschmidt and Weston J. Naef: The Truthful Lens, A survey of the photographically illustratedbook, 1844–1914, New York, The Grolier Club 1980, 241 S. (Abb. 6).

Der Grolier Club mit Sitz in New York wurde 1884 von Männern aus der Buchbranche gegründet, mit dem Ziel, die Buchkunst zu fördern. 1974 veranstaltete der Club eine Ausstellung von frühen fotografisch illustrierten Büchern mit dem Titel The Truthful Lens. Aus über 2000 in Frage kommenden internationalen Büchern wurden 175 Titel ausgewählt und von privaten Sammlern und von Bibliotheken aus Amerika und Europa ausgeliehen. Sechs Jahre danach, 1980, erschien das vorliegende Buch. „Bis jetzt hat es kein Referenz-Werk für Bücher, die mit originalen Fotografien illustriert sind, gegeben“, heißt es im Vorwort. „Das vorliegende Werk ist keine Liste aller bekannter Bücher, die originale Fotografien enthalten“ (IX). Ausgehend von der Ausstellung präsentieren die Autoren vielmehr eine alle Bereiche umfassenden Überblick („a cross-section survey“).

Der Hauptteil des Buches besteht aus 172 Reproduktionen von Fotografien aus den vorgestellten Büchern. Sie sind geordnet nach 9 Werkgruppen, wie  „Einbände, Titelseiten, Text und Illustration“, „Technische Illustrationen“, „Kunstwerke“, „Städte und Ruinen“, „Landschaft“ usw., die die Fülle des Materials zu ordnen versuchen. Der mit “Katalog“ überschriebene Teil versammelt 192 nach dem Alphabet geordnete Titel, die überwiegend nach Autopsie umfassend beschrieben und annotiert sind. „Die Auswahl“, heißt es im Vorwort zum Katalog, „repräsentiert zwar den persönlichen Geschmack der Autoren, sie hat jedoch die Absicht, den gleichen Kriterien zu folgen, die für illustrierte Bücher aller Zeiten gelten: Wesentliche Bedeutung, technische Perfektion, Werke, die ein neues Feld eröffneten, solche von besonderer Schönheit oder Werke, die einen wichtigen Moment in der Entwicklung des Mediums der Illustration, in unserem Fall der Fotografie, darstellen“ (183). Was ihre Technik anbetrifft können die Illustrationen in zwei Klassen eingeteilt werden. „Zunächst in solche, deren Lichtempfindlichkeit auf Metallsalzen beruht, (Silber, Eisen, Palladium) [...] und dann in Bilder, die ihre Existenz der Druckerschwärze verdanken [...] (Autotypie, Heliotypie, Gravüre, Karbon-Print, und Woodburytypie)“ (183). Das Buch enthält eine Bibliografie und ein Register.

Helmut Gernsheim: Incunabula of British Photographic Literature, A Bibliography of British photographic literature 1839 – 75 and British books illustrated with original photographs, London and Berkeley, Scolar Press 1984, Part I, Bibliography of books published in Great Britain and illustrated with original photographs, S. 15–75, (Abb. 5).

“Diese Bibliografie von britischen mit originalen Fotografien illustrierten Büchern ist der erste catalogue raisonnée der in irgend einem Land publiziert wurde“, schreibt Gernsheim im Vorwort.  „Meine Bibliografie beschränkt sich auf die frühe Periode bis 1875 und enthält nur Publikationen mit originalen [Hervorhebung im Text] Fotografien, d.h. mit Salzpapier- oder Albumin-Abzügen“ [7]. Den zeitlichen Abschluss seiner Aufstellung begründet Gernsheim damit, dass bereits ab etwa 1870 die silberbasierten Abzüge gleitend abgelöst wurden von Karbon-Prints. „Darüber hinaus ersetzten gedruckte Illustrationen der verschiedensten fotografischen Druckverfahren [...] mehr und mehr die handgefertigten Originale und um 1875 herum war der Übergang fast abgeschlossen“ (7). Die 635 Titel sind nach Erscheinungsjahren geordnet. Eventuelle Folgeauflagen sind angegeben, aber nicht einzeln aufgenommen.

Ordnungsprinzip der Bibliografie ist nach dem Erscheinungsjahr der Titel, danach der Autor und/oder der Fotograf, darauf die Anzahl, die Masse und die fotografische Technik der Illustrationen. Die Ordnung nach dem Titel und nicht nach dem Autor ist ungewöhnlich. „Ein Fotosammler“, begründet Gernsheim diesen Umstand, „erwirbt ein Buch wegen der Illustrationen [...]. Der Autor des Textes, so berühmt er sein mag, spielt nur eine untergeordnete Rolle“ (9). Ein  Fotografen- und ein allgemeines Register lassen aber jedes gesuchte Buch auffinden.

Frank Heidtmann: Wie das Photo ins Buch kam, der Weg zum photographisch illustrierten Buch anhand einer bibliografischen Skizze der frühen deutschen Publikationen mit Original-Photographien, Photolithographien, Lichtdrucken, Photogravuren, Autotypien und mit Illustrationen in weiteren photomechanischen Reproduktionsverfahren. Eine Handreichung für Bibliothekare und Antiquare, Buch- und Photohistoriker, Bibliophile und Photographikasammler, Publizisten und Museumsleute, Schriftenreihe der Deutschen Gesellschaft für Photographie, Bd. 2, mit einer Farbphotographie, Berlin, Berlin Verlag Arno Spitz 1984, 817 S. (Abb. 7 und 8).

 

Dies ist der umfangreichste und vollständigste Überblick über die deutschen mit Fotografie illustrierten Publikationen in der Zeit von 1839 bis 1914. Die eigentliche Bibliografie ist eingebettet in eine Fülle von Informationen, die als eine eigene Geschichte der in diesem Zeitraum erfundenen und angewendeten fotografischen Illustrationsverfahren gelesen werden kann. Auch ist das Buch durchschossen mit unzähligen Reproduktionen von zeitgenössischen Titelblättern, Verlagsanzeigen, Bücherlisten usw.

Von den insgesamt 3969 Titeln entfällt  der überwiegende Teil auf frühe Publikationen mit originalen Fotografien und Fotografien-Serien (1–2288) mit einem Register im Anschluss. Es folgen Publikationen mit Nicht-Silberverfahren, wie mit Pigment- und Platindrucken und solchen im Lichtpausverfahren (2289–2306) sowie Publikationen mit Illustrationen nach Fotografie (2307–2566). Unter dem Obertitel „Die photomechanischen Druckverfahren und ihre frühen Abbildungsleistungen“ (S. 546 ff.) werden  zunächst Titel abgehandelt, die Heidtmann als „Sackgassen auf dem Weg zu ökonomischen photomechanischen Verfahren“ (S. 553 ff.) bezeichnet, wie solche mit Naturselbstdrucken und Herbarien (2568–2652), Woodburydrucken (2653–26659) und von Cliché-Katalogen (2660–2689). Danach werden die Flachdruckverfahren zusammengefasst, wie Titel mit Illustrationen in Photolithografie und nach dem Lichtdruckverfahren sowie mit Phototypien, Glasdrucken und Fotografie-Imitationen (2690–3105). Es folgen die fotomechanischen Farbendruckverfahren (3106–3208) sowie die Hochdruckverfahren, insbesondere die Autotypie (3209 – 3340) und die Tiefdruckverfahren, insbesondere die Heliogravure (3341–3498). Die Bibliografie beschließen  Titel zur Fachliteratur zum Thema Reproduktionsverfahren (3499–3776) und solche zu Publikationen mit Photographien nach 1915 (3777–3969).

 

 

 

[1] Manfred Heiting und Roland Jäger:  Autopsie, DeutschsprachigeFotobücher 1918 bis 1945, Band 1, Göttingen: Steidl 2012.

[2] Dies., Band 2, Göttingen: Steidl 2015.

[3] Mattie Boom: Foto in omslag. Het Nederlandse documentaire fotoboek na 1945, Photography between covers. The Dutch documentary photobook after 1945, Amsterdam: Fragment Uitgeverij 1989.

[4] Einen sehr guten kurzgefassten Überblick findet sich in: Manfred Heiting, Roland Jäger: Vom „foto-auge“ zum „buch-auge“, Publikationen, Probleme und Perspektiven der Fotobuchforschung, in: Manfred Heiting und Roland Jäger: Autopsie, Band 2, (Anm. 2), S. 6–12.

[5] Erich Stenger: Aus der Frühgeschichte der Photographie, die deutsche photographische Literatur von 1839 bis 1870, in: Die photographische Industrie, 25. Jg., 1927, S. 1048.

[6] Es wird hier und im Folgenden auf die ausführlichen Quellenangaben im Bibliografienteil verwiesen.

[7] Auch als Nachdruck erschienen bei: Martin Sändig, Niederwalluf bei Wiesbaden 1971.

[8] Eine „Retrodigitalisierung des Polytechnischen Journals“, das alle 360 Bände der 111 Jahre lang erschienenen Zeitschrift umfasst, findet sich unter www.polytechnischesjournal.de im Netz. Sämtliche bei Martin aufgeführten Aufsätze können dort bequem in Klarschrift nachgelesen werden.

[9]  Auch als Nachdruck erschienen bei: Ikaros Verlag, Oslo 1977.

[10] Ludwig Hoerner: Deutschsprachige Fotobücher 1839–1869, eine illustrierte und kommentierte Auswahlbibliografie, in: Fotogeschichte, Jg. 6, Heft 22, 1986, S. 25.

[11] Ebenda.

[12] R.S. Schultze: Books Illustrated with Original Photographs: Notes on a Collection and Bibliography, in: R. Zahlbrecht und O. Helwich: Jubiläums-Festschrift, Hundert Jahre Photographische Gesellschaft inWien, 1861 - 1961, Wien und Darmstadt, Othmar Helwich 1961, S. 138 -147, hier S. 142.

[13] Rolf S. Schultze: Victorian Books with Original Photographs, in: Books, Journal of the National Book League, London, Sept./Oct. 1962, S. 174–176, hier S. 174.

[14] Rolf S. Schultze, (Anm. 12), S. 140.

[15] Ebenda, S. 144.

 

 

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Fotografie und Design

Linus Rapp,  Steffen Siegel (Hg.)

Heft 152 | Jg. 39 | Sommer 2019

 
151

Nomadic Camera

Fotografie, Exil und Migration

Burcu Dogramaci, Helene Roth (Hg.)

Heft 151 | Jg. 39 | Frühjahr 2019

 
150

Polytechnisches Wissen

Fotografische Handbücher 1939 bis 1918

Herta Wolf (Hg.)

Heft 150 | Jg. 38 | Winter 2018