Heft 114 | Jg. 29 | WINTER 2009
BARTHES' BILDER
Roland Barthes und die Fotografie
ZUM HEFT
Vor 30 Jahren erschien das bekannteste Buch der jüngeren Fototheorie, Roland Barthes’ Helle Kammer (franz. La chambre claire, Paris 1980). Es wurde bald zum Klassiker der Fototheorie, aber auch zum unerschöpflichen Ideen-Reservoir, zu einer Art Text-Steinbruch, aus dem für fast jeden fotografischen Zusammenhang das passende Zitat zu holen war. Das Thema dieses Heftes lautet Roland Barthes und die Fotografie. Es umreißt ein komplexes Verhältnis, das über die Helle Kammer hinaus und immer wieder zurück in das Frühwerk von Barthes führt.
Peter Geimer lässt uns an einer bisher wenig bekannten Diaprojektion teilhaben, die Barthes im Studienjahr 1979/80 am Collège de France im Rahmen eines Seminars zu „Proust und die Photographie“ hielt. Auf faszinierende Weise verbindet er diese Recherche mit fototheoretischen Nachforschungen im Werk von Roland Barthes. Detlef Hoffmann stellt die beiden zentralen Barthes’schen Begriffe, „studium“ und „punctum“, in einen breiteren kulturhistorischen Kontext. Stefan Bläske beschäftigt sich mit dem Verhältnis von toten und lebendigen Bildern bei Barthes, mit der Fotografie und dem Theater. Dennis Göttel und Katja Müller-Helle untersuchen den Begriff des „Gespenstischen“ bei Barthes – und kommen dabei auch auf ein wichtiges, aber oft übersehenes Foto zu sprechen, das Frontispiz der französischen Ausgabe: Daniel Boudinet: „Polaroid“ aus dem Jahr 1979. Die Beiträge von Juliane Vogel und Monika Schwärzler kreisen um ein Bild, das in der Hellen Kammer ständig präsent ist, aber nicht gezeigt wird: das berühmte Foto von Barthes’ Mutter. Der Fotokünstler Christoph Burtscher schließlich hat einen assoziativen Zugang zu Barthes’ Bildern gewählt. Er übersetzt einige immer wieder zitierte Barthes’sche Text-Begriffe aus der Hellen Kammer, durchaus auch augenzwinkernd, in Bilder.
BEITRÄGE
Detlef Hoffmann: Eduard und Charlotte, studium und punctum
Christoph Burtscher: Zur Hellen Kammer
Peter Geimer: „Ich werde bei dieser Präsentation weitgehend abwesend sein.“ Roland Barthes am Nullpunkt der Fotografie
Stefan Bläske: Kammer-Spiele: Die Maske und das Detail. Theater und Fotografie bei Roland Barthes
Juliane Vogel: Souveräne Unschuld. Das Wintergartenbild in Roland Barthes’ Bemerkung zur Photographie
Monika Schwärzler: Auf der Suche nach der Mutter. Roland Barthes’ Dramaturgie einer Bildgeschichte
Dennis Göttel, Katja Müller-Helle: Barthes’ Gespenster
REZENSIONEN
Steffen Siegel: Michael Fried: Why Photography Matters As Art As Never Before – New Haven, London: Yale University Press 2008. [Zur Rezension]
Heike Wetzig: Ulrich Pohlmann, Rudolf Scheutle (Hg.): Nude Visions. 150 Jahre Körperbilder in der Fotografie / 150 Years of Nude Photography, Heidelberg: Kehrer Verlag 2009. [Zur Rezension]
Anton Holzer: Vladimír Birgus, Jan Mlčoch: Tschechische Fotografie des 20. Jahrhunderts, hg. von der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Zusammenarbeit mit dem Museum für Angewandte Kunst in Prag, Bonn, Prag: Kant Publishing, 2009. [Zur Rezension]
Alys George: Jeff L. Rosenheim: Walker Evans and the Picture Postcard, Göttingen: Steidl; New York: Metropolitan Museum of Art, 2009. [Zur Rezension]
Anton Holzer: Freya Mülhaupt (Hg.): John Heartfield: Zeitausschnitte. Fotomontagen aus der Kunstsammlung der Akademie der Künste,1918–1938, Ostfildern, Berlin: Hatje Cantz, Berlinische Galerie, Akademie der Künste, 2009. [Zur Rezension]
Matthias Christen: Magnum Photos, The Global Fund to Fight AIDS, Tuberculosis and Malaria: access to life, Preface by Desmond Tutu and Essay by Jeffrey D. Sachs, New York: Aperture, 2009. [Zur Rezension]
Anton Holzer: Peter Pfrunder in Zusammenarbeit mit Gilles Mora (Hg.): Gotthard Schuh. Eine Art Verliebtheit, Göttingen, Zürich: Steidl Verlag, Fotostiftung Schweiz, 2009. [Zur Rezension]
FORSCHUNG
Wolfgang Hesse: Das Auge des Arbeiters. Forschungsprojekt: Praxis, Überlieferung und Rezeption der Arbeiterfotografie als Amateurbewegung in der Medienmoderne [Zum Bericht]
BÜCHER, KURZ VORGESTELLT
Peter Geimer: Theorien der Fotografie zur Einführung, Hamburg: Junius Verlag, 2009.
Jens Jäger: Fotografie und Geschichte, Frankfurt, New York: Campus Verlag, 2009.
Timm Starl: Bildbestimmung. Identifizierung und Datierung von Fotografien 1839 bis 1945, Marburg: Jonas Verlag, 2009.
Annette und Rudolf Kicken (Hg.): Pictorialism. Hidden Modernism. Photography 1896 bis 1916, Berlin: Galerie Kicken, 2008.
Petra Bopp: Fremde im Visier. Fotoalben aus dem Zweiten Weltkrieg, Bielefeld: Kerber Verlag, 2009.
Costanza Caraffa (Hg.): Fotografie als Instrument und Medium der Kunstgeschichte, Berlin, München: Deutscher Kunstverlag, 2009.
Anton Holzer: Elly Niebuhr – Fotografin aus Wien, Wien, Wien: Böhlau Verlag, 2009.
Corey Keller (Hg.): Fotografie und das Unsichtbare 1840–1900. Wien: Christian Brandstätter Verlag, 2009.
Manuel Bauer: Flucht aus Tibet, Zürich: Limmat Verlag, 2009.
Gerhard Paul (Hg.): Das Jahrhundert der Bilder. 1900 bis 1949, Göttingen: Vandenhoeck&Ruprecht, 2009.
Berthold Ecker, Johannes Karel, Timm Starl (Hg.): stark bewölkt. flüchtige Erscheinungen des Himmels, Wien, New York: Springer Verlag, 2009.
Hermann Nöring, Thomas F. Schneider, Rolf Spilker (Hg.): Bilderschlachten. 2000 Jahre Nachrichten aus dem Krieg. Technik – Medien – Kunst; Göttingen: Vandenhoeck&Ruprecht, 2009.
Ahoi Herbert! Bayer und die Moderne, hg. von Elisbeth Nowak-Thaller und Bernhard Widder, Lentos Kunstmuseum Linz, Weitra: Bibliothek der Provinz, 2009.
Brigitte Lardinois (Hg.): Eve Arnold. Porträts und Fotoreportagen, München: Rolf Heyne Verlag, 2009.
Michael Stöneberg, Arthur Köster. Architekturfotografie 1926–1933. Das Bild vom „Neuen Bauen“, Berlin: Gebr. Mann Verlag, 2009.
Andrea Holzherr, Isabel Siben (Hg.): George Rodger. Unterwegs 1940–1949. Tagebuchaufzeichnungen eines Fotografen und Abenteurers, Ostfildern: Hatje Cantz, 2009.
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